Der Irak

Von Istanbul aus machte ich mich auf dem Weg zur Südküste und reiste per Anhalter von Antalya bis nach Mardin.

Ich besuchte immer wieder alte Freunde und machte neue Freunde, eine wunderbare Art und Weise eine neue Reise zu beginnen.

Die Türkei war in heller Aufregung. Am Morgen als ich in Adana losfuhr, ereignete sich ein Terroranschlag auf einen Polizeibus. Ich hörte den Knall, aber dachte mir nichts dabei. Die Polizei vermutete die kurdische Gruppe PKK hinter den Anschlag und das kurdische Gebiet rund um Mardin und Diyarbakir wurde streng bewacht. Immer wieder wurde ich gewarnt in die Region zu fahren, doch um den Irak zu erreichen blieb mir keine andere Wahl.

Ich fuhr bis nach Sirnak und von dort aus zur Grenzstadt Silopi. Der Grenzübergang hieß Ibrahim Khalil und sicherheitshalber nahm ich den Bus von Mardin aus. Ich wusste schließlich nicht was mich im Irak erwartet und die Zeit verging mit viel Ungeduld und Zweifel. In der Nacht überquerte ich dann die Grenze und erreichte meinen Gastgeber.

Das Café von Saaber, mein Gastgeber in Dohuk.

Er lud mich zu seinem Café ein, auf dem Gipfel des Berges bei Dohuk, meine erste irakische Stadt. Ein unglaublicher Ausblick öffnete sich mir und ich wurde gefesselt von der Vorstellung dass ich mich tatsächlich im Irak befinde. Dazu muss ich aber kurz noch etwas anmerken:

Die Region Kurdistan im Irak ist eine autonome Region und verwaltet sich zum großen Teil selbst. Die Regierung in Kurdistan strebt nach der Unabhängigkeit und hat schon mehrere Versuche gestartet, welche von der irakischen Regierung immer wieder unterbunden wurde. Durch den langen Krieg und dem Kampf gegen den IS, hat der Irak nicht die Mittel um Kurdistan vollständig zu kontrollieren und lässt der kurdischen Regierung viele Freiheiten die verachtet aber toleriert werden. So auch die Visaregelungen für Touristen. Die kurdische Regierung setzt vermehrt darauf Touristen ins Land zu bringen. Um den Irak besuchen zu können wird ein irakisches Visum benötigt. Kurdistan hat für seine Region die Visaregelung abgeschafft und so benötigte ich nur den Stempel an der Grenze. Dieser Stempel gilt allerdings nur für die Region Kurdistan. Somit befinde ich mich nach irakischen Gesetzen Illegal im Land, aber legal in Kurdistan. So muss ich darauf achten die kurdische Grenze zum Irak nicht zu überschreiten.

Am nächsten Tag sah ich die ganze Pracht bei Tageslicht und konnte es kaum abwarten die Stadt und die Umgebung zu erkunden. Es war Oktober und die Temperaturen lagen bei 35 Grad. Die meisten Menschen bleiben im Haus und die Stadt füllt sich erst am Abend mit Menschen.

Ich lernte den Schweizer Adrian und seinen kurdischen Gastgeber kennen. Sie waren auf dem Weg zu einer Höhle und luden mich dazu ein mitzukommen. Gemeinsam mit einem 10 jährigen Jungen der sich uns als Bergführer anbot, liefen wir langsam den Berg hinunter und mussten feststellen dass wir die Stelle nicht ohne die Hilfe des Jungen gefunden hätten. Was uns dort erwartete übertraf unsere Erwartungen bei weitem.

Die assyrischen Reliefs an der Felswand

An der Felswand waren alte assyrische Reliefs gemeißelt. Über das Alter kann ich nichts sagen, nur so viel dass das assyrische Reich zwischen 1800 v. Chr. bis 609 v. Chr. existierte. Ein einmaliger Schatz also offenbarte sich vor unseren Augen und wie gebannt starrten wir das wunderschöne Relief an. Nichts wies auf Touristen hin und wir fühlten uns wie Entdecker. Doch waren wir nicht die Einzigen dort. Einheimische nutzten eines der geplünderten Gräber als Höhle um dort zu entspannen und kletterten über die Reliefs ins Grab. Es war der Auftakt zu meiner Reise im Irak und ich wurde direkt mit einem Highlight empfangen.

Ich durfte mich Adrian und seinem Begleiter anschließen und zusammen besuchten wir einen 2000 Jahre alten zoroastrischen Tempel und fuhren nach Lalish, die Stadt in der der Tempel der Jeziden steht.

Die Jeziden werden je nach Meinung als Volksgruppe oder Religionsgemeinschaft bezeichnet. Über ihren Ursprung ranken sich viele Geschichten, so zum Beispiel dass das Jezidentum die kurdische Abwandlung des persischen zoroastrischen Glaubens ist. Die Jeziden wurden immer wieder Opfer gewalttätiger Attacken und mussten mehrmals das Land verlassen. So hat sich in Deutschland eine große Gemeinschaft der Jeziden gegründet. Nun durften wir einer der großen Heiligtümer der Jeziden besuchen und wir wurden herzlich empfangen. Ein Führer wurde uns zur Seite gestellt der uns durch den Tempel führte. Ein weiteres Mal durfte ich also einen spannenden Ort besuchen und viel lernen.

Der Eingang zum Tempel der Jeziden

Wir fuhren weiter nach Erbil, die Hauptstadt Kurdistans und einer der bedeutendsten Städte der Welt. Die Zitadelle von Erbil,die historische Altstadt, ist einer der ältesten kontinuierlich bewohnte Siedlung der Welt. Es war überwältigend eine so eindrucksvolle Stadt zu sehen. Mehrere Kulturen trafen hier aufeinander und gingen ihren Alltag nach. Erbil ist beeinflusst durch die türkisch-osmanische Kultur, verbunden mit der persischen Kultur und einem Hauch arabischen Einfluss. Wir gingen zur Zitadelle und besuchten den Basar. Ich konnte gar nicht genug davon bekommen und mein Kopf drehte sich immer wieder herum und ich erblickte immer neue Sachen. Eine Flut von Bildern, Gerüchen und Laute prasselte auf mich ein und ich konnte all die Eindrücke nicht immer direkt verarbeiten. So bin ich froh über mein Tagebuch und schrieb alles direkt nieder.

Die historische Altstadt von Erbil

Ich erlebte noch so manche Dinge in Erbil, doch schon bald ging es für mich weiter in den Iran. Per Anhalter fuhr ich in den Osten und sah eine atemberaubende Landschaft. Ich kreuzte so einige Dörfer und war fasziniert von dem was ich sah. Immer wieder ging es durch Kontrollpunkte. Wegen dem IS wurde alles streng kontrolliert. Mosul, die selbsternannte Hauptstadt des IS, lag nur 50 km entfernt, doch unsicher fühlte ich mich zu keinem Zeitpunkt.

Am Grenzposten Haji Umran ging es nach Piranshahr, im Iran.

Das Video zu dieser Tour könnt ihr euch hier ansehen.